Freitod

Frank-Reiner Rupprecht: Weitere Gedanken zum Freitod

Es ist schon abwegig, dass ein Sterbewilliger undifferenziert als psychisch krank in eine geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses eingeliefert wird, statt zu allererst zu prüfen, ob sein Wille zu sterben nicht dem respektablen Gedankengut eines mündigen Bürgers entstammt, der allein seine Qualia erlebt und der allein über dieses sein Erleben entscheidet. Frank-Reiner Rupprecht bringt dies nochmals auf den Punkt:

"Jeder Mensch muss selbst entscheiden können, wieviel Leid er aushalten kann oder will. Das Maß an Leid darf ihm nicht zudiktiert und aufgezwungen werden, auch nicht mit ein paar schmerzlindernden Mitteln und Psychopharmaka, die er vielleicht ablehnt. Fremdbestimmung in der Frage des Leidensmaßes, das ein Mensch nach Meinung von Ärzten oder Pflegern aushalten soll, ist eine besonders grausame, unmenschliche Form der Vergewaltigung des Menschen und seiner Menschenrechte. Es ist Medizin ohne Menschlichkeit!

[...]

Man muss auch akzeptieren, dass schwere Behinderungen zum Freitod führen können, weil nicht jeder Mensch sich damit abfinden kann, auch wenn die Hilfe der Gesellschaft noch so groß ist. Nicht jeder kann und will verkrüppelt, plötzlich erblindet usw. weiterleben. Nicht jeder will »Vorbilder«, »Fürsorger«, »Tröster« usw. haben. Das muss schließlich jedem frei stehen, sonst haben wir neben Zwangsbehandlung auch noch die Zwangsbetreuung und ideologische Zwangsindoktrination".

Aus einem persönlich überreichten Skriptentwurf von Frank-Reiner Rupprecht vom September 2005.

Es ist Medizin ohne Achtung vor der Menschenwürde, folglich --- um es einmal formaljuristisch zu sehen --- doch wohl verfassungwidrig. Der juristisch verweigerten erwünschten Hilfe durch "Töten auf Verlangen" gemäß Paragraph 216 StGB steht die "unterlassene Hilfeleistung" gemäß Paragraph 323c StGB gegenüber. Aber in der Diskussion zu diesem Thema scheint langsam und beschwerlich doch Bewegung gekommen zu sein.

Zitiert aus
Günzl Werner: Politische Ethik und Naturerkenntnis
Seite 212 f.